Ersäuft sich Südtirol im Alkohol?

„Gesoffen wird immer.“, dieses Zitat aus „Herr Lehmann“ hat es in sich. Alkohol ist wohl eine Volksdroge, legal und von vielen Suchtexperten als harte Droge eingestuft. Die positiven Effekte des Weins auf den menschlichen Organismus, solange er in moderaten Mengen genossen wird, ist hier auch nicht zu leugnen. Die Funktion als Schmiermittel der Gesellschaft finde ich aber als Problematisch. Aber das sehen wohl nicht alle so.

Ich muss warnen, ich werde jetzt ganz böse sein und alle über einen Kamm scheren, sprich verallgemeinern. Die Jugend in Südtirol säuft. Die Erwachsenen in Südtirol saufen und die Alten haben sowieso immer schon gesoffen. Natürlich stimmt das nicht im Allgemeinen, aber die Trinkkultur ist immer schon da gewesen, nur hat sie sich verlagert, vom Wochenendrausch mit Bier und Wein, manchen hausgemachten Schnaps, zum Komasaufen. Besonders die Jugend hat heute mehr finanzielle Mittel und Möglichkeiten an Alkohol zu kommen und deshalb gibt es da die gravierendsten Auswüchse.

Vor dem Ausgehen mal ordentlich einen „Vorglühen“. Mit eigenen Augen muss ich ansehen, wie 16-17 jährige sich auf Tankstellen am Freitag Abend literweise Wodka kaufen den sie noch vor dem Disco-Besuch sich einverleiben. Ach ja, nur nebenbei bemerkt, sie waren mit dem Scooter unterwegs. Und wer sich traut um 4:00 Uhr morgens bei einer Würstelbude (die inzwischen zu einer ganz neuen Klasse von Restaurants geworden sind. Wäre sicher auch mal interessant zu porträtieren.) seinen Gelüsten nach Fett und Ketchup nachzugeben, hat hoffentlich Alkohol getrunken. Wieso? Weil dem Nüchternen die Alkoholfahnen entgegen wehen, halb geschlossene Augen sich wankend, anlehnend und pöbelnd sich gen Tresen drängen. Ist es der Gruppenzwang der sie alle zum saufen verleitet. Vielleicht, vielleicht auch der Umstand, dass die Gesellschaft der Trinkenden nur im alkoholisierten Zustand zu ertragen ist. Und wenn der Automatismus: „Aus dem Haus gehen heißt saufen.“ sich erst mal etabliert hat, ist es ganz schön schwer den zu brechen.

Die Folgen dieser Entwicklung sind Teils lobenswert, Teils tragisch. Bedingt durch die vielen Unfälle auf den Straßen hat die Landesregierung eine weitere Kampagne gestartet. Und wie ich finde endlich mal eine die auch visuell klar darstellt was gemeint ist. Ein zweites Motiv mit einem Scooter oder Motorrad, hätte wahrscheinlich auch nicht geschadet. Das neue Gesetz, welches ab 2007 den Verkauf von alkoholischen Getränken an Minderjährigen verbietet ist ein weiterer Schritt. Dass die Wirksamkeit dieser Maßnahme so sehr in Frage gestellt wird finde ich schon bemerkenswert. Man sieht eindeutig, dass hier noch ein Sinneswandel in der Gesellschaft dazugehört. Als man Alkohol am Steuer verboten hat, gab es am Anfang die gleichen Wortmeldungen und es war allgemein akzeptiert mit einem Rausch noch nach Hause zu fahren. Bei einem Unfall hat es dann geheißen, der Arme war halt besoffen. Heute ist das keine Entschuldigung mehr.

Am meisten regt mich aber die Haltung des Gastgewerbes auf. Sie malen sich schon die dunkelsten Szenarien aus. Es wird Pleiten geben und leere Lokale. Ohne Alkohol ginge es einfach nicht, davon lebten sie und nur damit könnten sie noch etwas Geld verdienen. Wie? Sie können nur mehr Geld verdienen wenn sie Kindern und Jugendlichen Alkohol verkaufen? In anderen Ländern geht es auch, ganze Kulturen leben ohne Alkohol und da gibt es auch noch ein funktionierendes Gastgewerbe. Nebenbei muss man ja auch noch Anmerken, dass die Altersgrenze nur um zwei Jahre angehoben wird, bisher ist es ja auch schon verboten sehr jungen Gästen Schnaps zu verkaufen. Da sollte es gar kein so großes Problem darstellen, oder?

Und die Moral von der Geschichte? Es muss wohl noch einiges Passieren, dass Alkohol nicht mehr als Grundnahrungsmittel verstanden wird, sondern als Genussmittel. Und wer sich einen Liter Wodka hinter die Binde kippt genießt höchsten den Kater am Tag danach, wenn er masochistisch Veranlagt ist. Vielleicht braucht es ja auch eine Kampagne die den Leuten erklärt, warum ein Alkoholverbot für Minderjährige mehr als Symbol gedacht ist, welches aufzeigen soll, dass die Entwicklung in die falsche Richtung geht. Und bitte eine, die nicht mit dem erhobenen Zeigefinger herumzeigt.

4 Gedanken zu “Ersäuft sich Südtirol im Alkohol?

  1. Tja, da fällt mir nur folgendes Zitat dazu ein: «Jugend will, dass man ihr befiehlt, damit sie die Möglichkeit hat, nicht zu gehorchen.» Jean-Paul Sartre (1905-1980).
    Also, ich glaube nicht an die Wirkung reiner Verbote und wenn Alkohol nicht mehr erreichbar ist, dann vielleicht noch viel Schlimmeres als Ersatz. Ich glaube das Phänomen hat viel tieferliegende gesellschaftliche Gründe.

  2. Tja, da fällt mir nur folgendes Zitat dazu ein: «Jugend will, dass man ihr befiehlt, damit sie die Möglichkeit hat, nicht zu gehorchen.» Jean-Paul Sartre (1905-1980).
    Also, ich glaube nicht an die Wirkung reiner Verbote und wenn Alkohol nicht mehr erreichbar ist, dann vielleicht noch viel Schlimmeres als Ersatz. Ich glaube das Phänomen hat viel tieferliegende gesellschaftliche Gründe.

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